In der 4. Klasse sind zwei Sachkunde-Epochen im Waldorflehrplan eingebettet, die die Kinder dahingehend unterstützen sollen, sich zunehmend als eigene Persönlichkeit wahrzunehmen. Die Kinder betrachten andere Personen und Gegebenheiten nach dem Rubikon, welcher um das 9. Lebensjahr stattfindet, distanzierter und bewusster. Die Fähigkeiten der gedanklichen Trennung und Gliederung werden stärker und geben die Gelegenheit unterschiedliche Betrachtungsweisen auszuprobieren. Hier helfen die Epochen der Heimat- und Tierkunde, die Welt konkreter zu erfassen.
Unser Umweltprojekt führten wir in Anlehnung an diese beiden Epochen durch. Im Hinblick auf die turbulente Zeit, die wir momentan durchleben und die daraus entstehenden Verunsicherungen, war die Epoche so gestaltet, dass die Kinder eine Möglichkeit hatten, die Ordnung ihrer Umwelt hautnah und kreativ zu erleben. Sie konnten aktiv werden, um ihre Umwelt und die sämtlicher Lebewesen mitzugestalten.
Hier stand das Thema Umwelt im Vordergrund: Woraus setzt sich diese sich für jeden einzelnen, ob Mensch, Tier oder Pflanze, zusammen? Dahingehend erforschten wir Nahrungsketten, Lebensräume und was geschieht, wenn Bauteile daraus sich verändern. Somit gelangten wir zu ernsten Themen wie Klimawandel und dem ökologischen Fußabdruck.
Diese Epoche kam den Kindern sehr entgegen. Wir legten ein Tagebuch an, in dem wir während jedes Präsenz-Unterrichts festhielten, inwieweit sich eine Pflanze verändert hatte. Je länger die Kinder die Gelegenheit hatten diese Beobachtungen auszuführen, umso intensiver betrachteten sie ihre Studien und um so begeisterter berichteten sie von Veränderungen. Bis heute (es ist nun schon fast vier Wochen her, seitdem wir die Epoche abgeschlossen haben) kommt die Nachfrage, ob wir die Pflanzen nicht wieder beobachten können. Aus unseren sehr intensiven Klassengesprächen zu Fragen, wie: Wo befindet sich denn die Umwelt? Gehörst auch du zu der Umwelt? Wem gehört eigentlich die Welt? und vielen mehr, entstanden Räume, die die Kinder zum regen, aber tiefsinnigen gedanklichen Austausch veranlasste. Komplementiert wurden diese Gedankengänge mit anschaulichen und kreativen Aktivitäten. So besuchten wir den Zoo in Siegelbach, um auch zu beobachten, wie zum Beispiel die Lebensräume von exotischen Tieren dort gestaltet sind und was wir daraus ableiten können. Außerdem bastelte jedes Kind ein Insektenhaus für den eigenen Garten sowie eins, das als Geschenk weitergereicht wurde, mit einer Anleitung für den Beschenkten nach Möglichkeit ein weiteres zu bauen, um dieses wiederum zu verschenken. So erhofften wir uns, dass die Aktion, die mit unserem Klassenprojekt begann, wellenähnlich auswärts schwappen kann. Die Coup d’ètat war allerdings ein großes Insektenhotel. Hier unterstützte uns tatkräftig unser Hausmeister, Herr Wilhelm. Das fertige Grand Hotel der Insekten hat nun einen sonnigen Platz im Schulgarten. Von dort aus haben die bereits eingezogenen Insekten einen wunderbaren Blick über den ganzen Schulgarten. Das geschäftige Treiben um das Hotel herum deutet darauf hin, dass es von ausgezeichneten Baumeistern eingerichtet wurde.
Andrea Lord